Eva Lichtspiele

Blissestraße 18
10713 Berlin
U Blissestrasse oder Bus 101, 104, 249
Tel.: 030 / 922 55 305
Wir zeigen heute,
Samstag, den 27.04.2024:


11:00 Eva:
Arrow Das Geheimnis der schwarzen Koffer (1962)

13:00 Eva:
Arrow Sowas von super!

15:15 Eva:
Arrow Morgen ist auch noch ein Tag

17:45 Eva:
Arrow Morgen ist auch noch ein Tag (OmU)

20:30 Eva:
Arrow Es sind die kleinen Dinge

Eintrittspreise

Perfect Days (DF)

...wieder am Montag + Dienstag (18.3. + 19.3.) um 17.45 Uhr in den Eva-Lichtspielen!

Für seine Dokumentarfilme wurde er auch in den letzten Jahrzehnten geschätzt, für seine Spielfilme deutlich weniger: Wim Wenders, der international wohl berühmteste deutsche Regisseur, der nun nach Japan gehen musste, um seinen besten Spielfilm seit 30 Jahren zu realisieren: „Perfect Days“ ist dabei so sehr von ruhigen Beobachtungen eines allein, aber nicht einsam lebenden Mannes geprägt, dass er oft wie eine Dokumentation wirkt.

Japan 2023
Regie: Wim Wenders
Buch: Wim Wenders
mit: Koji Yakusho, Tokio Emoto, Arisa Nakano, Aoi Yamada, Yumi Aso, Sayuri Ishikawa, Tomokazu Miura as Tomoyama
Länge: 124 Minuten


FILMKRITIK:

In Tokio lebt und arbeitet Hirayama Koji (Yakusho) in bescheidenen Verhältnissen, die manche wohl als ärmlich bezeichnen würden. Eine winzige Wohnung ohne Bad, die er Tag für Tag verlässt, um für das Unternehmen The Tokyo Toilet die Toiletten im zentralen Stadtbezirk Shibuya zu putzen. Mit größter Ruhe und Akribie geht er seiner Arbeit nach, dreht jeden Tag die selbe Runde, isst im selben Park sein Mittagessen, betrachtet in kurzen Pausen die Schattenspiele der Blätter in den Bäumen, liest abends Romane und wirkt, als sei er voll und ganz zufrieden mit seinem Leben.

Wenige Worte macht dieser Mann, sein junger Kollege Takashi (Tokio Emoto) ist da ganz anders, er plappert, wo Hirayama mit Gesten kommuniziert. Erst als Hirayamas Nichte Niko (Arisa Nakano) in seiner kleinen Wohnung auftaucht, offenbar nicht zum ersten Mal von zu Hause weggelaufen, zeigt sich, dass dieser freiwillige Eremit auch eine Familie hat, von der er sich jedoch bewusst fernhält.

Aus dem Auftrag, eine kurze Dokumentation über die architektonisch tatsächlich bemerkenswerten Toilettenhäuschen Shibuyas zu drehen, entstand binnen kürzester Zeit dieser Spielfilm. Ohne aufwändige Handlung, ohne dramatische Ereignisse, einfach nur als Studie eines Mannes und seiner Tätigkeiten und dabei doch durch und durch ein Wim Wenders-Film. Was bedeutet: Hirayamas Leben und Interessen sind stark geprägt von analogen Geräten. In seinem Auto hört er Musikkassetten mit Bands aus den 70er Jahren (Patti Smith, Van Morrisson und natürlich Lou Reed, dessen Song „Perfect Day“ Wenders hier einmal mehr spielt und mit einem zusätzlichen „s“ auch gleich zum Filmtitel umfunktioniert hat) und macht in seinen Pausen schwarz-weiß-Fotos auf einer 35mm Kleinbildkamera. Die auch das Bildformat des Films selbst bestimmen, der mit seinen fast quadratischen Bildern eine enge aufweist, die gar nicht zu den Bildern der Straßen Tokios zu passen scheint, in denen Wenders eine Variation seines liebsten Genres, des Road Movies, inszeniert.

Viele Verweise an die Vergangenheit also, aber von der Momentan im Kino so allgegenwärtigen Nostalgie ist im Wesen der Hauptfigur keine Spur. Im Gegenteil: Hirayama lebt ausschließlich in der Gegenwart, quält sich nicht mit Erinnerungen an Vergangenes, trauert nicht etwaigen Momenten hinterher, die sein Leben in andere Bahnen gelenkt hätten, sondern ist ein glücklicher Mensch.

Die schönsten Momente von „Perfect Days“ sind dann auch solche – sicherlich nicht zufällig fast dokumentarisch anmutenden Szenen – in denen Wenders das Leben Hirayamas einfach nur beobachtet, ihn bei alltäglichen, scheinbar banalen, sich täglich wiederholenden Beschäftigungen zeigt. (...) Man sieht Hirayama durch die Straßen Tokios fahren, von einem Toilettenhäuschen zum nächsten, einen Klassiker hörend und ganz mit sich im Reinen.

Michael Meyns, programmkino.de